BÖSE PILOTEN GUTER VORSTAND? DAS SIND DIE FACTS
Worum es im Streit AUA-Piloten und Vorstand geht – LH-Piloten bereits auf der Hut
Via Tourismuswirtschaft Austria International
Bekanntlich hatte zuvor das AUA-Management die Kollektivverträge für das fliegende Personal aufgekündigt und droht mit einem Zwangsumstieg auf den bis zu 25 Prozent billigeren Tyrolean-KV. Gewerkschafter und Pilot Wolfgang Hable ließ die Kollegen in einem Rundschreiben wissen: „Geht in der momentanen Situation nicht davon aus, dass euch der Vorstand oder sein Management nur annähernd die Wahrheit sagen“, er verfolge ausschließlich eine „hidden agenda” (versteckte Absicht). Seit Abbruch der Gespräche Dienstag-Nacht drohen die Piloten mit Streik und haben für heute Freitag eine Betriebsversammlung angesetzt.
Doch worum geht es den Cockpit-Crews überhaupt? T.A.I. hat sich diesbezüglich schlau gemacht. Zunächst einmal ist festzuhalten, dass bei der AUA nicht Pilot mit Pilot verglichen werden kann. Rund 450 sind bei der Tochter Tyrolean Airways angestellt. Für sie gilt ein eigener KV, der auf die Anforderungen des Regionalverkehrs Rücksicht nimmt. Er ist zwar auf den ersten Blick hin aus Sicht der Piloten ungünstiger gestaltet, als der bei der AUA aufgekündigte, doch gibt es auch diverse Goodies. So wird man bei Tyrolean schneller vom Co- zum Piloten, klettert also gehaltsmäßig schneller nach oben. Stellt man die Lebensverdienstsummen gegenüber, gibt es nur noch geringe Unterschiede.
Bei der Muttergesellschaft AUA fliegen knapp 300 Piloten nach dem „alten“ Kollektivvertrag. Dort gibt es u.a. noch die bekannten, bis zu 39 Monatsgehälter hohen Abfertigungen. Diese hatten ihren guten Grund: sie sollten jene Zeit überbrücken helfen, die zwischen dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter von 65 Jahren und dem Ende des Piloten-Daseins bei der AUA (früher um die 58 Jahre) liegt. Die kleinste Piloten-Gruppe im Konzern bilden die AUA-Piloten, die dem seit 2004 geltenden KV „neu“ unterstellt waren (der ebenfalls aufgekündigt wurde). Sie haben geringere Abfertigungen. Doch die sind nur ein Knackpunkt von vielen, bei denen es sich spießt.
Ein weiterer sind die Zusatzpensionen. Diese wurden vor rund zwölf Jahren Boden- und Bordmitarbeitern gegen einen Gehaltsverzicht von rund 15 Prozent (Piloten) gewährt. Der Haken liegt in der Garantieverzinsung. Diese sorgte aufgrund der Entwicklungen der Börsen in den zurückliegenden Jahren bei der AUA für hohe Nachzahlungen, im Vorjahr etwa im Ausmaß von mehr als 50 Mio. Euro.
Von derartigen Nachzahlungsverpflichtungen will sich nun der Vorstand aus verständlichen Gründen befreien. Das künftige Modell sieht vor, dass 3,5 Prozent vom Gehalt in eine Pensionsversicherung gezahlt werden soll, wobei der bisher nach dem alten KV angesammelte Betrag natürlich bestehen bleibt. Die Piloten könnten sich eine Zustimmung zur neuen Regelung durch eine Abschlagszahlung vorstellen.
Die Abfertigungen will das AUA-Management künftig auf das gesetzliche Maß zurückschrauben. Das aktuelle Modell (sowohl KV alt als auch neu) erfordert hohe Rückstellungen, welche die Bilanz belasten. Wie die Jahre zwischen tatsächlichem Pensions-Antritt und gesetzlichem Pensionsalter überbrückt werden können, darüber schweigt sich das Management aus.
Dasselbe betrifft die bestehende Ausfallsversicherung. Diese kommt zum Tragen, wenn ein Pilot seine Lizenz aus gesundheitlichen Gründen verliert. Derzeit erhält er je nach Dauer der Firmenzugehörigkeit bis zu 39 Gehälter. Der Vorstand will diese Angelegenheit an eine Versicherung auslagern.
Ein heikler Punkt betrifft die Mehrleistungsgrenze. Diese kommt derzeit ab 70 Flugstunden pro Monat zum Tragen, ab der es Zuschläge beim Gehalt gibt. Der Sinn dieser Regelung aus Sicht der Piloten: Die Dienste sollen möglichst gleichmäßig auf das Personal aufgeteilt werden. Der Vorstand will diese Regelung streichen. Wobei ein Pilot eine erheblich höhere monatliche Arbeitszeit hat, als diese bis zu 70 Flugstunden: Im Bereich Mittelstrecke summiert sich die Arbeitszeit von Check-In bis Check-Out inkl. Simulatorstunden auf 160 bis 170 Stunden im Monat, und zwar nicht „nine to five“, sondern zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie auch an Sonn- und Feiertagen (wofür es in anderen Branchen bekanntlich saftige Zuschläge gibt, nicht aber beim fliegenden Personal).
Gänzlich rot sehen die „Fliegenden“ bei der AUA bezüglich der geplanten Dienstplanregelung im neuen KV: derzeit muss der Monats-Dienstplan ab dem 20. des Vormonats fest stehen. Künftig soll er für maximal 10 Tage fixiert werden. Private Freizeitplanung sei dadurch nicht mehr möglich, so die Piloten, die als Grund dieser Maßnahme den Mitarbeitermangel (Aufnahmestopp, natürlicher Abgang) und zu knappe Planungen bezüglich Ruhenszeiten sehen, wodurch im aktuellen Betrieb der AUA derzeit laufend Löcher aufgerissen werden.
Ebenfalls gestrichen werden sollen – das ist hinlänglich bekannt – die jährlichen bzw. biennalen Gehalts-Vorrückungen und der Index-Ausgleich. Nicht diese, so argumentieren die Piloten, sondern die schlechte Personalplanung hätte im Vorjahr aufgrund der dann notwendig gewordenen Überstunden die Gehaltskosten so stark steigen lassen.
Auch die in der Öffentlichkeit kolportierten übermäßigen Urlaubstage der Piloten treffen so nicht zu: Üblicher Weise wird eine Woche in den KVs mit 5 Urlaubstagen gerechnet. Da für Piloten auch Samstag und Sonntag normale Arbeitstage sind, wird eine Woche mit 7 Urlaubstagen gleichgestellt. Bei fünf Wochen Urlaub stehen somit beim „Normal-Angestellten“ 25 Urlaubstage, bei den Piloten 35, auch wenn sie um keinen Tag länger frei haben.
Alles in allem ist die Situation derzeit verfahren. Sollte der Aufsichtsrat den Weg wählen, mit einer Gewaltaktion den Übergang zum Tyrolean-KV für alle AUA-Piloten herbeizuführen, wird es Warnstreiks geben. Im Hintergrund beobachtet die Deutsche Pilotenvereinigung Cockpit die Vorgänge mit Argusaugen: Sollte die Lufthansa-Tochter AUA diesen Schritt setzen, überlegt sie Solidarmaßnahmen. Denn bei Lufthansa selbst könnte es dann zu einer ähnlichen Vorgehensweise kommen, mit Überfuhr des KVs zur Lufthansa Cityline. Damit könnte es zu einem Konzern-Streik kommen. Den will wohl keiner, sicher auch nicht LH-CEO Christoph Franz.
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