KRYPTOGRAFISCHES
BEZAHLSYSTEM "TALER" KÖNNTE TECHNISCH BIS ENDE DES JAHRES FERTIG
WERDEN
Rechtliche und betriebliche Fragen noch ungeklärt - Peter Mühlbauer Taler-Logo. Grafik: INRIA |
"Taler"
hat in Deutschland einen guten Klang – nicht zuletzt wegen Erika Fuchs, aber
auch wegen des langen internationalen Erfolgs der Münzen, die im Orient bis ins
20. Jahrhundert hinein das einzige allgemein akzeptierte Zahlungsmittel waren
und unter anderem als Namensgeber für die heutige Weltwährung US-Dollar fungierten.
"Taler"
heißt auch ein kryptografisches Bezahlsystem, das von der Ingolstädter
Renewable Freedom Foundation finanziert und vom französischen Institut National
de Recherche en Informatique et en Automatique (INRIA), Richard Stallmans
GNU-Team und Wissenschaftlern an der TU München entwickelt wird. Der Taler soll
– anders als zum Beispiel Bitcoins – keine eigene Währung sein, sondern bei
Geschäften über das Internet existierende Währungen wie Dollar und Euro
abbilden. Über das so genannte RESTful-Protocol können Taler via HTTP oder
HTTPS in existierende Web-Applikationen integriert werden. An der Integration
mit dem bestehenden Bankensystem die über das HBCI- und FinTS-
Nachfolgerprotokoll EBICS laufen soll, wird ebenfalls noch gearbeitet.
Der
neue Taler soll Verbrauchern Anonymität beim Zahlen gewähren, aber Zahlungen
rechtssicher beweisbar machen. Damit er diese Anonymität gewähren kann, muss er
Eigenschaften von Bargeld aufweisen. Das führt dazu, dass man Wechselgeld
benötigt. Hat ein Kunde, der eine Ware für zwei Euro kaufen will,
beispielsweise nur eine Talermünze im Wert von fünf Euro, muss er neue Münzen
im Wert von 3 Euro erzeugen. Diese Drei-Euro-Münzen können aber danach nicht
mehr mit der ursprünglichen Fünf-Euro-Münze in Verbindung gebracht werden. Auf
diese Weise schützt ein Verbraucher sich und seine Daten gegenüber großen und
kleinen Unternehmen.
UNTERSCHIED ZU BITCOINS – KEINE EIGENE WÄHRUNG
Empfänger
von Zahlungen sind dagegen sichtbar, was Behörden grundsätzlich Einsichtnahmen
in die Geldflüsse erlaubt, nach denen Umsatz- und Einkommensteuern berechnet
und erhoben werden. Anders sieht es bei den Grundlagen für Vermögens- und
Erbschaftssteuern aus: Hier kann man einen Rechner mit Talern auf der
Festplatte dem Finanzamt verschweigen. Da man das aber mit ererbtem Bargeld
ebenfalls machen kann, müssen Staaten vor dem Bezahlsystem (anders als bei
Bitcoins) keine Angst vor dem Wegbrechen ihrer Finanzierungsgrundlage haben.
Damit
der Taler all das kann, haben sich die Entwickler Protokolle und
maschinenlesbare Verträge zwischen drei Interaktionspartnern ausgedacht: Der
elektronischen Prägestelle ("Münze" / "Mint"), die das Geld
herausgibt, der Geldbörse ("Wallet"), mit der ein Verbraucher zahlt,
und dem Händler, der Waren oder Dienstleistungen anbietet. Die Protokolle
zwischen Münze und Geldbörse und zwischen Münze und Händler sind weitgehend
fertig, das zwischen Händler und Geldbörse noch nicht ganz. Alle Protokolle
sind Freie Software und können von jedermann inspiziert und (im Rahmen der
GNU-Lizenzen) verwendet werden.
Rein
technisch könnte der Taler, von dem es bereits ein offizielle GNU-Paket gibt,
Chefentwickler Dr. Christian Grothoff zufolge Ende des Jahres fertig werden.
Bei einer Währung, die auch von Behörden akzeptiert werden soll, gibt es aber
auch rechtliche und (daraus folgende) betriebliche Hindernisse: Die deutsche
Finanzaufsicht verlangt nämlich für solche Geschäfte eine Banklizenz, die nur
erteilt wird,wenn man eine Million Euro an Sicherheiten vorlegen kann. Der
Taler benötigt also entweder Investoren oder Partner, die bereits im Bankgewerbe
tätig sind.
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