Was die Briten politisch am meisten nervt, ist eine
deutsch-französische Vorherrschaft in Europa
Was die
Briten politisch am meisten nervt, ist eine deutsch-französische Vorherrschaft
in Europa. Das war in der Ära Kohl-Mitterand so und jetzt wieder. Angela Merkel
und Nicolas Sarkozy haben sich zusammengerauft und regieren die EU. David
Cameron wird selten eingebunden. Das allein schon wird in London als Skandal
empfunden.
Der
britische Premier stand beim Gipfel in Brüssel aber auch unter enormen
innenpolitischen Zwängen. Er konnte den deutsch-französischen Vorschlägen einer
Änderung des EU-Vertrags ("Fiskalunion") nicht zustimmen, weil er sie
dem Unterhaus und dem britischen Volk vorlegen müsste. Beide Abstimmungen würde
er verlieren.
Angela
Merkel und Nicolas Sarkozy wiederum konnten keine Ausnahmeregelungen für den
"Finanzplatz London" gestatten, weil sie sich damit aller Chancen
begeben hätten, die internationale Finanzwirtschaft unter Kontrolle zu bringen.
Der britische Premier sagte es ganz deutlich: "Die EU ist für uns im Kern
der gemeinsame Markt". Das ist ein Nein zu einer politischen Union.
Dieser
Gipfel markiert weder das Ende des Euro noch das Ende der EU. Das Datum
signalisiert das vorläufige Ende eines Einigungsprozesses, der die
EU-Kommission mit einem vom Parlament gewählten Präsidenten in eine europäische
Regierung verwandeln sollte.
Das ist
jetzt Wunschdenken politischer Romantiker.
Die
Wirklichkeit wird freilich nicht nur durch die ökonomische Dramatik bestimmt.
Auch
Camerons Labour-Vorgänger Tony Blair hätte sich in Brüssel "denen da
drüben auf dem Kontinent" nicht unterworfen. Weniger aus Rücksicht auf die
Londoner City. Stärker wegen der atlantischen Loyalität zu Washington. Die
leidet momentan, weil Barack Obama und Cameron keine Brüder im Geiste sind. Die
Wahl eines Republikaners ins Weiße Haus im November 2012 würde das
Bush/Blair-Klima wiederherstellen.
Großbritannien
spielt in allen wichtigen EU-Gremien tragende Rollen. So jemanden kann man
weder "hinausschmeißen" (Schlagzeile des Billigblattes Österreich),
noch verabschiedet sich eine Mittelmacht aus ihrem "Absatzmarkt"
(O-Ton Cameron) wegen "Merkozy".
Die größere
Gefahr ist die einer Implosion. Großbritannien hat sich nicht isoliert. Die
Regierung in London hat sogar ein paar Trümpfe in der Hand. Der Erhalt des Euro
ist ihr kein Anliegen, Medien wie der
"Economist" und die "Financial
Times",
beide stark gelesen auch in Kontinentaleuropa, schreiben ihn seit Jahren
herunter.
Wenn die Briten die politische Kraft der EU (Voraussetzung für einen
starken Euro) noch massiver unterminieren, wird Brüssel langsam aber sicher
eine lahme Ente.
Im
Wirtschafts- und Finanzkrieg zwischen den USA und Europa spielt das eine
wichtige Rolle. Um ein antikes Bild zu bemühen: So wie es aussieht, ist
Großbritannien das trojanische Pferd der angelsächsischen Finanzinteressen
mitten im EU-Europa.
Paris
kaschiert seine Schwächen durch die Allianz mit Berlin. Ob Deutschland stark
genug ist, den Briten Paroli zu bieten, muss man bezweifeln.
Via der
Standard.at
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