AUFSTANDSBEKÄMPFUNG DER BUNDESWEHR
Via German-Foreign-Policy.com
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IM KEIM ERSTICKEN
(Eigener Bericht) - Ein an
der Universität Kiel neu entwickeltes Konzept für die Aufstandsbekämpfung der
Bundeswehr fordert die Intensivierung der Auslandsspionage und eine stärkere
staatliche Nutzung von Nichtregierungsorganisationen bei Militärinterventionen.
Die im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums angefertigte
Counterinsurgency-Studie plädiert unter anderem für die straffe Zentralisierung
der Kommandobefugnisse und eine drastische Vergrößerung des Spionageapparats.
Auch Nichtregierungsorganisationen (Non Governmental Organizations, NGOs)
sollen weit stärker als bisher in den Kampf gegen Widerstandsbewegungen
eingebunden werden. Ihnen wird die Fähigkeit zugeschrieben, durch humanitäre
Hilfsleistungen zur "Stabilisierung fragiler Staaten" und damit
"indirekt" zur Niederschlagung von Aufständen beizutragen.
DIE LEHREN DES AFGHANISTAN-KRIEGES
Wie Robin
Schroeder vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK)
schreibt, soll seine für das Bundesverteidigungsministerium angefertigte Studie
über "Counterinsurgency" (Aufstandsbekämpfung) dazu beitragen, die
"Handlungsfähigkeit DEUTSCHLANDS" gegenüber den Ländern des globalen
Südens zu stärken.[1]
Vor dem
Hintergrund der "geostrategischen Neuausrichtung" der USA gen SÜDOSTASIEN
müsse die BRD "in Zukunft mehr Verantwortung für die Wahrung von
Stabilität und Sicherheit der an EUROPA angrenzenden unruhigen Regionen
übernehmen", erklärt der Autor. Dabei liege es im DEUTSCHEN
"außenpolitische(n) Interesse", die Regierungen von
"fragilen" respektive "schwachen" Staaten, deren
"Stabilität" von Aufständischen bedroht werde, "dabei zu
unterstützen, den Aufstand zu beenden und Sicherheit und Ordnung wiederherzustellen".
Zu untersuchen sei daher, über welche "Fähigkeiten, Ressourcen und
Strukturen" für eine "effektive" Aufstandsbekämpfung die hiesige
politisch-militärische Führung verfügen müsse, um entsprechende "konkrete
Politikempfehlungen" zu formulieren. Als "Grundlage" hierfür
dienen Schroeder die "in AFGHANISTAN gewonnenen Erfahrungen".
STATEBUILDING:
"ÜBERAMBITIONIERT"
Eine der
zentralen "Lehren" aus dem AFGHANISTANKRIEG besteht dem Autor zufolge
in der Erkenntnis, Aufstandsbekämpfung müsse eine "ressortgemeinsame
Aufgabe" des Auswärtigen Amts und der Ministerien für Verteidigung,
Inneres und Entwicklung sein. Allerdings fehlt es laut Schroeder sowohl an
einer entsprechenden "Strategie" als auch an einer zentralen
Führungsinstanz. Letztere solle "allen Ressorts gegenüber weisungsberechtigt"
sein und die alleinige "Verantwortung für das gesamtstaatliche Handeln DEUTSCHLANDS
in einem Auslandseinsatz" tragen - eine Funktion, die nach Auffassung des
Autors wahlweise vom Auswärtigen Amt oder vom Bundeskanzleramt übernommen
werden kann. Strategisch müsse man sich darauf konzentrieren, "alle einem
Staat zur Verfügung stehenden Mittel" einzusetzen, um gegen westliche
Interessen gerichtete Widerstandsbewegungen zu zerschlagen, sich zugleich aber
von "überambitionierte(n) Statebuilding-Projekt(en)" wie in AFGHANISTAN
verabschieden, erklärt der Verfasser der Counterinsurgency-Studie.
SENSOREN AUßERHALB DES FELDLAGERS
Daneben
identifiziert Schroeder verschiedene "Probleme auf operativer Ebene",
zu denen er insbesondere den Mangel an für die Aufstandsbekämpfung relevanten
Informationen zählt. So sei ein "umfassendes und präzises Lagebild"
etwa dann "entscheidend", wenn es darum gehe, "in einem fremden
und äußerst komplexen Umfeld Aufständische vom großen Rest der Bevölkerung zu
unterscheiden". Ein solches "Lagebild" aber lasse sich letztlich
nur durch den Kontakt zu Einheimischen "generieren", weshalb sowohl
die zivilen wie die militärischen Mitarbeiter eines DEUTSCHEN
Einsatzkontingents zur "Gesprächsaufklärung" angehalten seien:
"Jede Person, die sich außerhalb des Feldlagers bewegt und im Kontakt zur
Bevölkerung steht, ist prinzipiell ein Sensor, der Informationen
aufnimmt." Gleichzeitig fordert der Autor, bestehende
"Restriktionen" für Spionageoperationen zu beseitigen; nur auf diese
Weise könne eine "effektive Arbeitsteilung und Kooperation zwischen
Bundesnachrichtendienst und anderen Akteuren wie beispielsweise den
militärischen Feldnachrichtenkräften" gewährleistet werden.
AUFBAU EINER PERSONALSTARKEN
ANALYSE-ABTEILUNG
Notwendig
sei darüber hinaus die "Einführung einer gut durchdachten zentralen
Datenbank" sowie der "Aufbau einer personalstarken
Analyse-Abteilung" aus zivilen Spezialisten wie Linguisten,
Regionalwissenschaftlern, Ökonomen und Entwicklungshelfern: "Dies würde
nicht nur die Erstellung eines präziseren Lagebildes, sondern auch eine
systematischere Messung des tatsächlichen Wirkungsgrades von
Stabilisierungsmaßnahmen ermöglichen."
EIN MODUS VIVENDI MIT DEN NGOS
Auch den in
Bürgerkriegsgebieten aktiven Nichtregierungsorganisationen (Non Governmental
Organizations, NGOs) weist der Autor der Counterinsurgency-Studie eine Funktion
im Rahmen der Aufstandsbekämpfung zu. So trage die von ihnen etwa im Bildungs-
und Gesundheitsbereich geleistete "humanitäre Hilfe" wesentlich zur
"Stabilisierung eines fragilen Staates" bei, erklärt Schroeder:
"Durch die Erzielung von positiven Effekten auf die Stabilität eines
Raumes kann die Arbeit einer NGO (...) indirekt zur Bewältigung eines
Aufstandes beitragen." Entscheidend hierfür sei allerdings, dass die NGOs
ihre Arbeit an den Interessen der westlichen Interventionstruppen und der mit
diesen verbündeten Kollaborationsregierung orientieren: "Helfen humanitäre
NGOs der Bevölkerung in Räumen, die faktisch von Aufständischen kontrolliert
werden, so können letztere die Taten der NGOs mittelbar oder unmittelbar als
eigene Leistungen deklarieren. Indem die Aufständischen so kommunizieren, dass
den Menschen auch unter ihrer Kontrolle geholfen wird, können sie die
Legitimität des Staates gezielt untergraben."
Abschließend
konstatiert der Autor, "dass staatliche Organisation und NGOs heute einen
belastbaren Modus Vivendi gefunden haben"; es seien "keine
Probleme" zu identifizieren, "die strategische Konsequenzen
hätten".[2]
EINE NEUE GENDARMERIE
Um die
"Handlungsfähigkeit DEUTSCHLANDS" auf dem Gebiet der
Aufstandsbekämpfung zu "verbessern", fordert Schroeder zudem, eine
dem Bundesverteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie-Einheit aufzubauen.
Diese soll seiner Ansicht nach sowohl für die Ausbildung einheimischer
Polizeikräfte im Interventionsgebiet zuständig sein als auch "polizeiliche
Exekutivfunktionen wahrnehmen". Alternativ könnten "entsprechend
aufgestellte Kräfte der Bundespolizei wie vormals der Bundesgrenzschutz den
Kombattantenstatus sowie eine entsprechende Ausbildung und Ausrüstung
erhalten", erklärt der Autor: "Dies würde eine einsatzbegleitende,
praktische Ausbildung von lokalen Polizeikräften im Feld ermöglichen. Ein
solches Partnering, wie es durch das Militär (...) praktiziert wird, wäre
wesentlich effektiver als der derzeitige Ansatz, da die Simulation von Einsatzszenarien
oft nur unzureichend auf die Realität vorbereiten kann." Für möglich hält
er auch, die "Polizeiausbildung in Stabilisierungseinsätzen zu einer
Kernkompetenz der Feldjäger werden zu lassen".[3]
FÄHIGKEITSPROFILE
Für
letztlich "erfolgsentscheidend" bei der Aufstandsbekämpfung erachtet
Schroeder indes nach wie vor die Deutschen Streitkräfte. Diese müssten "so
aufgestellt sein, dass sie in potentiellen zukünftigen Szenarien, welche die
Bewältigung eines Aufstandes und den Kampf gegen irreguläre Kräfte erfordern,
jederzeit einsetzbar sind", heißt es. Zu priorisieren seien dabei
Gewaltoperationen in "vorwiegend ländlichen Räumen wie in AFGHANISTAN"
und "in einem dichtbesiedelten urbanen Umfeld": "Hier können
wichtige Lehren aus Fallbeispielen wie den amerikanischen
Counterinsurgency-Operationen im Großraum von Bagdad oder auch der britischen
Aufstandsbewältigung in NORDIRLAND gezogen werden."[4] Parallel dazu
fordert Schroeder, die Fähigkeiten der Bundeswehr in den Bereichen Spionage,
zivil-militärische Zusammenarbeit (CIMIC) und Propaganda ("Operative
Information") beständig weiterzuentwickeln - dies sei entscheidend
"für das effektive Agieren militärischer Kräfte inmitten der
Zivilbevölkerung". Darüber hinaus will er "Spezialkräfte" als
"strategisches Instrument" begriffen wissen und verlangt, diese nicht
nur bei Kommandooperationen gegen Aufständische einzusetzen, sondern auch mit
der Ausbildung kollaborationswilliger einheimischer
"Sicherheitskräfte" zu betrauen: "Investitionen in dieses
Fähigkeitsprofil reduzieren die Notwendigkeit eines direkten Kampfeinsatzes
deutscher Truppen in einem Stabilisierungseinsatz."
[1] s. hierzu
und im Folgenden Robin Schroeder (Institut für Sicherheitspolitik an der
Universität Kiel): Counterinsurgency. Erfahrungen, Strategien und Aussichten
unter besonderer Berücksichtigung des ressortübergreifenden Ansatzes
(Abschlussbericht). Kiel, 30.01.2013
[2] s. dazu Von Helfern zu Kollaborateuren
[3] s. dazu Paramilitärische Auslandspolizei und Aufstandsbekämpfung, effizient abgestuft
[4] s. dazu Urban Operations und Urban Operations (II)
[2] s. dazu Von Helfern zu Kollaborateuren
[3] s. dazu Paramilitärische Auslandspolizei und Aufstandsbekämpfung, effizient abgestuft
[4] s. dazu Urban Operations und Urban Operations (II)
DEUTSCHLANDS NEUE GEOPOLITISCHE
DOKTRINEN Teil 2
AUFSTANDSBEKÄMPFUNG DER BUNDESWEHR
Via German-Foreign-Policy.com
IM KEIM ERSTICKEN
Wissenschaftler
der Universität Kiel haben ein Konzept zur Aufstandsbekämpfung in den Ländern
des globalen SÜDENS entwickelt. Die im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums
verfasste Studie wurde unlängst bei einer Veranstaltung des Berliner
Think-Tanks "DEUTSCHE Gesellschaft für Auswärtige Politik" (DGAP)
präsentiert.
Die Arbeit
bezieht sich explizit auf den vom Heereskommando der Bundeswehr herausgegebenen
"Leitfaden Aufstandsbewältigung" und fordert, gegen westliche
Interessen gerichtete Widerstandsbewegungen möglichst "im Keim zu
ersticken". Als eines der "wirksamsten Instrumente" zur
Erreichung dieses Ziels bezeichnet der Autor die "Enthauptung"
aufständischer Gruppen durch "Ausschaltung von bedeutenden Führern".
Wesentliche Erkenntnisse der Studie resultieren aus sogenannten Feldforschungen
in AFGHANISTAN.
OPERATIONEN GEGEN PARTISANEN
Wie die in
Berlin beheimatete DEUTSCHE Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
mitteilt, hat sie kürzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine
Veranstaltung zum Thema Aufstandsbekämpfung in den Ländern des globalen SÜDENS
("Counterinsurgency") durchgeführt.[1]
Robin
Schroeder, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Sicherheitspolitik
an der Universität Kiel (ISPK), präsentierte bei dieser Gelegenheit seine im
Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums angefertigte Studie zu diesem
Thema. Zu den Vortragenden zählten außerdem der Direktor des ISPK, Joachim
Krause, der Militärpolitiker Winfried Nachtwei (Bündnis 90/Die Grünen) sowie
Brigadegeneral Andreas Helmut Hannemann, Kommandeur der Luftlandebrigade 26 der
Bundeswehr. Laut Autor Schroeder ist die Studie wesentlich auf die Initiative
Hannemanns zurückzuführen.[2] Dessen auch als "Saarlandbrigade"
bekannte Einheit war an Militäraktionen gegen Aufständische in AFGHANISTAN
beteiligt und hat immer wieder durch positive Bezüge auf NS-Traditionen von
sich reden gemacht (german-foreign-policy.com berichtete [3]). Das Motto der
"Saarlandbrigade" lautet "Einsatzbereit - jederzeit -
weltweit"; einer Selbstdarstellung zufolge ist die Truppe auf
"Operationen gegen irreguläre Kräfte" spezialisiert und bekämpft
"Terroristen" und "Partisanen".[4]
UNBEQUEME LEHREN
Explizite
Grundlage der Counterinsurgency-Studie des ISPK ist denn auch der vom
Heereskommando der Bundeswehr herausgegebene "Leitfaden
Aufstandsbewältigung". Zentrale Definitionen werden direkt aus den darin
zu findenden "Handlungsempfehlungen für Truppenführer" übernommen.
Als Aufstand ("Insurgency") gilt demgemäß eine "organisierte
Widerstandsbewegung, die meist durch koordinierten und fortwährenden Einsatz
von Gewaltakten und politischer Agitation versucht, die staatliche Autorität
zum Scheitern zu bringen und langfristig ihre politischen Ziele und
Ordnungsvorstellungen zu realisieren".[5]
Aufstandsbekämpfung
("Counterinsurgency") bezeichnet der Studie zufolge "die
Gesamtheit aller zivilen und militärischen Maßnahmen, um mittelbar oder
unmittelbar gegen die staatliche Ordnung gerichtete Subversion und Gewalt zu
beseitigen". Wie der Autor weiter ausführt, müssten vor diesem Hintergrund
einige "unbequeme Lehren" aus dem Kriegseinsatz in AFGHANISTAN
gezogen werden. So habe die "politisch verordnete Zurückhaltung" in
Bezug auf Counterinsurgency-Aktionen dafür gesorgt, dass die Aufständischen
"buchstäblich vor den Augen deutscher Kräfte große Teile der Provinz
Kunduz unter ihre Kontrolle bringen konnten". Wären stattdessen
"frühzeitig entschlossene Gegenmaßnahmen" erfolgt, hätte der sich
entwickelnde Aufstand "im besten Falle im Keim erstickt" werden
können.
ABSCHRECKUNG DURCH BESTRAFUNG
Gleichzeitig
lässt die Studie keinen Zweifel darüber aufkommen, wie die besagten
"Gegenmaßnahmen" auszusehen haben. Eines der "wirksamsten
Instrumente" zur Bekämpfung eines Aufstandes bestehe in der
"Enthauptung" von Widerstandsgruppen ("Decapitation") durch
die "Ausschaltung von bedeutenden Führern", heißt es. Entsprechende
Aktionen der westlichen Interventionstruppen seien dabei in eine Strategie der
"Abschreckung durch Bestrafung" ("Deterrence by
Punishment") einzubetten; durch permanente Repression müsse "das
alltägliche Risiko für die Aufständischen selbst so erhöht werden, dass es für
potentielle Rekruten definitiv keinen Sicherheitsgewinn bringt, sich der
Insurgency anzuschließen". Insbesondere "potentielle oder auch
tatsächliche Unterstützer einer Aufstandsbewegung, die nicht fanatisch sind und
ihr Handeln nach Kosten und Nutzen abwägen", könnten auf diese Weise
"in ihrem Verhalten beeinflusst werden". Voraussetzung hierfür sei
allerdings die Errichtung eines möglichst lückenlosen Überwachungsregimes,
erklärt der Autor: "Biometrische Datenerfassung",
"Meldepflicht", "regelmäßige Kontrollen" und die
"Registrierung der Bevölkerung durch einen Zensus" hätten sich
bereits als überaus "effektive Counterinsurgency-Maßnahmen" erwiesen.
SHAPE, CLEAR, HOLD, BUILD
Scharf
wendet sich der Verfasser der Studie gegen die Vorstellung, die Bevölkerung
eines "fragilen Staates" könne durch "Entwicklungshilfe"
für die westlichen Interventionstruppen und die mit diesen kollaborierende
Regierung gewonnen werden: "Die international weit verbreitete Annahme,
dass Stabilität nur durch die sich gegenseitig stärkende Wechselwirkung von
Sicherheit und Entwicklung entstehen kann, wurde in AFGHANISTAN wie auch in
anderen Fällen klar widerlegt." Folgerichtig bekennt sich der Autor denn
auch zu einem Counterinsurgency-Phasenmodell, das in der Terminologie der NATO
mit den Begriffen "Shape", "Clear", "Hold"und
"Build" umrissen wird. Danach müssen zunächst "günstige
Rahmenbedingungen" für die in einem Aufstandsgebiet operierenden
ausländischen Truppen geschaffen werden - etwa durch die "Beseitigung von
Minen und Sprengfallen" oder durch "gezielte Kommandooperationen
gegen Führungspersonen der Aufständischen" ("Shape"). Im
Anschluss sieht das Konzept die "Säuberung" des jeweiligen
"strategischen Raums" von Widerstandsgruppen vor - mittels
"Durchführung von offensiven Operationen" ("Clear"). In der
"Hold"-Phase schließlich sind Interventionstruppen und einheimische
Kollaborateure gehalten, ihre Präsenz durch bauliche Maßnahmen wie die Anlage
von Stützpunkten und "Checkpoints" zu festigen. Erst im letzten
Schritt ("Build") ist demnach an die Bereitstellung von sauberem
Trinkwasser, medizinischer Versorgung oder schulischer Bildung für die
Bevölkerung zu denken - als Belohnung für politisches Wohlverhalten.[6]
STRAßENBAU FÜR'S MILITÄR
In diesem
Sinne hat der Autor der Counterinsurgency-Studie dann auch Verwendung für die
Institutionen der "klassischen" Entwicklungspolitik wie etwa die
"Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit" (GIZ). So könnten
"Quick Impact Projects", die die Agentur im Auftrag des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in NORDAFGHANISTAN
durchführte, durchaus "eine gewisse Akzeptanz für die Präsenz von
Sicherheitskräften schaffen", heißt es (german-foreign-policy.com
berichtete [7]). Auch sei es "sehr wichtig, dass ruhige Landesteile von
Entwicklungsprojekten profitieren" und "wirtschaftliche Zentren
gestärkt werden": "Nur so kann ein für die Funktionsfähigkeit des
Staates notwendiges Mindestmaß an Steuereinnahmen generiert werden. Darüber
hinaus sollten sichere Räume bewusst gefördert werden, um der Bevölkerung zu
demonstrieren, dass friedliches Verhalten einen Mehrwert hat." In den
Aufstandsgebieten hingegen müsse die "Verbesserung der
Hauptverkehrsinfrastruktur durch befestigte Straßen und Brücken"
favorisiert werden, um den Aktionsradius der Interventionstruppen zu erweitern:
"Durch die schnellere und sicherere Bewegung von Kräften im Raum wird
sowohl deren Präsenz in der Fläche als auch deren Reaktionszeit erhöht."
Kommentar von
Geopolitical Analysis and Monitoring:
Die
Roemer erfanden die Straße um Ihre Heere schneller zu versetzen und entwickelten
sich dadurch zu einen Imperium.
Die
Briten erfanden die Eisenbahn um die Häfen in den Kolonialgebieten besser zu
erreichen und bekamen ein Imperium.
Die
Amerikaner erfanden den Daten Highway und sind seither ein Imperium…….
RESSORTÜBERGREIFEND
Grundsätzlich
betrachtet der Verfasser der Counterinsurgency-Studie die Aufstandsbekämpfung
gemäß der Doktrin der "vernetzten Sicherheit" als
"ressortübergreifende Aufgabe". Unter der politischen Führung des
Auswärtigen Amts soll seiner Ansicht nach das Bundesverteidigungsministerium
für die Gewaltoperationen gegen Widerstandsbewegungen zuständig sein, während
das BMZ für zivil-militärische "Entwicklungsprojekte" verantwortlich
zeichnet und das Bundesinnenministerium den Polizeiaufbau in den
Interventionsgebieten anleitet. Als positiv wird in diesem Zusammenhang die
Verabschiedung interministerieller "Leitlinien" für eine
"kohärente Politik gegenüber fragilen Staaten" vermerkt
(german-foreign-policy.com berichtete [8]) - und gleichzeitig eine
vermeintliche "Kernproblematik" identifiziert: "Die
ressortübergreifende Zusammenarbeit findet (...) in einem strategischen Vakuum
statt und verliert dadurch im Einsatzland einen großen Teil ihrer
Wirkung."
[1]
Counterinsurgency als Aufgabenfeld der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik.
Studienvorstellung 15.04.2013; dgap.org
[2] s. hierzu und im Folgenden Robin Schroeder (Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel): Counterinsurgency. Erfahrungen, Strategien und Aussichten unter besonderer Berücksichtigung des ressortübergreifenden Ansatzes (Abschlussbericht). Kiel, 30.01.2013
[3] s. dazu Rot scheint die Sonne im Kongo, Einsatzbereit, jederzeit, weltweit und Die Hohe Schule der Infanterie
[4] Luftlandebrigade 26 - Auftrag; www.deutschesheer.de 07.08.2012
[5] Robin Schroeder (Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel): Counterinsurgency. Erfahrungen, Strategien und Aussichten unter besonderer Berücksichtigung des ressortübergreifenden Ansatzes (Präsentation). Berlin, 15.04.2013
[6] s. dazu auch Rezension: Marc Thörner: Afghanistan-Code, Demokratie "nicht prioritär", Gezieltes Töten im großen Stil und Urban Operations (II)
[7] s. dazu Partner ohne Uniform
[8] s. dazu Ressortübergreifende Leitlinien
[2] s. hierzu und im Folgenden Robin Schroeder (Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel): Counterinsurgency. Erfahrungen, Strategien und Aussichten unter besonderer Berücksichtigung des ressortübergreifenden Ansatzes (Abschlussbericht). Kiel, 30.01.2013
[3] s. dazu Rot scheint die Sonne im Kongo, Einsatzbereit, jederzeit, weltweit und Die Hohe Schule der Infanterie
[4] Luftlandebrigade 26 - Auftrag; www.deutschesheer.de 07.08.2012
[5] Robin Schroeder (Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel): Counterinsurgency. Erfahrungen, Strategien und Aussichten unter besonderer Berücksichtigung des ressortübergreifenden Ansatzes (Präsentation). Berlin, 15.04.2013
[6] s. dazu auch Rezension: Marc Thörner: Afghanistan-Code, Demokratie "nicht prioritär", Gezieltes Töten im großen Stil und Urban Operations (II)
[7] s. dazu Partner ohne Uniform
[8] s. dazu Ressortübergreifende Leitlinien
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